Büchertipps für den Sommer

Drei Hosen, fünf T-Shirts, ein Badeanzug und fünfzehn Bücher. So oder so ähnlich waren meine Koffer auf Urlaubsreisen viele Jahre gepackt. Das war „vor den Kindern“, also als ich am Strand, im Zug, ja sogar beim Frühstück einfach in Geschichten versinken konnte. Jetzt ist es nicht nur so, dass jede Minute Schlaf kostbar ist, sondern auch, dass die Kinder – zu Recht! – meine volle Aufmerksamkeit beanspruchen. Egal ob wir gemeinsam unterwegs oder daheim sind. Der parlamentarischen (nicht gänzlich politischen, ihr wisst das!) Sommerpause sei Dank erhoffe ich mir dennoch von diesem Sommer etwas mehr Zeit und Muse, um den Stapel noch ungelesener Bücher etwas kleiner zu machen. Und auch wenn da schon einige Bücher nur drauf warten gelesen zu werden (und ich auf sie), freue ich mich, wenn du mir deine ganz persönlichen Empfehlungen schickst: All time favorites genauso wie Neuerscheinungen.

Solche Empfehlungen teile ich heute auch mit dir. Es sind Romane und Sachbücher, Geschichtenbände und Essays. Eine bunte Sammlung von Büchern, die erst kürzlich oder schon vor längerer Zeit wieder mein Herz erfreut und meinen Horizont erweitert haben. Und allesamt solche, die es noch nicht in den monatlichen Buchtipp geschafft haben. Außerdem auch Hinweise auf Empfehlungen anderer, die ich gern weitergebe. Ich hoffe, dass in dieser Liste auch etwas für dich dabei ist und wünsch dir in diesem Sinne einen wunderbaren (Lese-)Sommer!

Belletristik

Jorge Bucay: Komm erzähl mir eine Geschichte
Es sind fesselnde Geschichten eines Autors, der – selber auch Psychiater – die Menschen kennt und seine Liebe zum Leben gern teilt. Ich find zum Reisen die Pocket-Ausgabe des Buches äußerst praktisch, mich hat es vor Jahren auf einer Reise durch Lissabon begleitet.

Esi Edugyan: Washington Black
Ein Buch, dass ich kaum aus der Hand legen konnte, so spannend erzählt Esi Edugyan, preisgekrönte kanadische Schriftstellerin, die Geschichte des als Sklaven geborenen George Washington Black. Sie lässt einen eintauchen in vermeintlich ferne Welten, die dennoch so viele Bezüge zum Hier und Jetzt haben. Vielleicht braucht es ja gar keine Fernreisen, um die Welt besser zu verstehen?!

Stephan Roiss: Triceratops
Vom Bruder des Autors druckfrisch geschenkt, hat mich Triceratops durch die “Weihnachtsferien” begleitet. Episodenhaft erzählt zieht einen die Geschichte rasch in den Bann, lässt einen mitfühlen und verstört auch immer wieder. Ein grandioses Erstlingswerk eines österreichischen Autors. Nicht nur für alle jene, die am Klopeiner See oder im Salzkammergut urlauben.

Sachbuch

Harald Welzer: Alles könnte anders sein
Der deutsche Soziologe und Intellektuelle Harald Welzer entwirft in diesem Buch eine Gesellschaftsutopie für freie Menschen. Dabei formuliert er bestechend scharf, untermauert seine Argumentation mit historischen und anderen wissenschaftlichen Bezügen und fordert Leser und Leserin immer wieder heraus, sich selbst zu hinterfragen. Immer wieder hat sich in mir bei der Lektüre auch Widerstand geregt, bedient sich Welzer doch u.a. explizit marxistischer Erklärungs-muster, allerdings ist vielleicht grad die Überwindung eines Links-Rechts-Schubladendenkens eine Schlüssel für eine besser Zukunft. Es lohnt sich jedenfalls, die sommerliche Freizeit in entsprechendes Nach- und Vordenken zu investieren.

Albert Camus: Verteidigung der Freiheit
Ein Klassiker, dessen Titel aktueller nicht sein könnte. Das Buch ist eine Essay-Sammlung, die Betrachtungen Camus` zu unterschiedlichen Anlässen zusammenfasst. Die thematische Klammer ist wohl die Frage, was es sich lohnt einzusetzen in diesem Kampf für die Freiheit. Eine Frage, die letztlich jede und jeder immer wieder auf Neue beantworten muss. Nach außen wirkt das Buch dünn, ist aber aufgrund seiner erzählerischen Dichte keine Lektüre für einen Tag oder Abend. Mir ging es beim Lesen dieser Tage jedenfalls so, dass ich immer wieder Erkenntnisse nachwirken lassen wollte.

Steven Pinker: Aufklärung jetzt
So dünn Camus‘ Erzählband ist, so sehr ist „Aufklärung jetzt“ ein Schmöker im besten Sinne. Steven Pinker spannt einen weiten Bogen, in dem er die Wurzeln und das Wesen der Aufklärung darlegt und auch zeigt wie die aus der Aufklärung entstandene Weltsicht uns einen Weg in die Zukunft weist. Auch wenn das Buch vor Pandemie und Ukraine-Krieg entstanden ist, ergeben sich beim Lesen immer wieder konkrete Verbindungen zu ganz aktuellen Themen. Mit seinem stattlichen Gewicht ist Pinkers Buch wahrscheinlich nix für den Koffer, eher für laue Sommerabende auf der Terrasse und letztlich ein Projekt für den Jahresurlaub – ein sinnvolles jedenfalls!

Empfehlungen Anderer

Catherine Belton: Putins Netz
Eine Empfehlung von Andreas Salcher, der auch regelmäßig in seinem Newsletter Buchtipps versendet. Die Aktualität des Themas versteht sich von selbst.

Yasmine Mohammed: Entschleiert. Mein Ausbruch aus meiner radikal-islamischen Familie.
Eine Empfehlung meines Co-Herausgebers des Jahrbuchs für Politik, Günther Ofner. Leider konnte ich es selber noch nicht lesen, aber seine Empfehlungen (bisher z.B. Factfulness) sind immer wertvoll.

Manfried Welan: Wiener – Österreicher – Europäer. Drei Identitäten.
Dieses Buch ist eine Empfehlung des Autors selber, die ich von Herzen gern weitergebe. Manfried Welan war und ist ein im besten Sinne kritischer Geist, dessen Gedanken auch andere inspirieren sollen.

Neun kleine Tipps sind es also geworden. Mit diesen wünsch ich dir einen schönen (Lese-)Sommer!

Buchtipps von Bettina Rausch-Amon

Buchtipps von Bettina Rausch-Amon

Bettina Rausch-Amon, geboren 1979, Mag. phil., MBA (Health Care Management), ist Präsidentin der Politischen Akademie der Volkspartei und Abgeordnete zum Nationalrat. Sie war fünf Jahre lang Mitglied des Bundesrates und weitere fünf Jahre lang Abgeordnete zum Niederösterreichischen Landtag. Sie ist Herausgeberin zahlreicher Publikationen, zuletzt des Sammelbandes „Christlich-soziale Signaturen. Grundlagen einer politischen Debatte,“ gemeinsam mit Simon Varga, und des Sammelbandes „Bürgergesellschaft heute. Grundlagen und politische Potenziale“ gemeinsam mit Wolfgang Mazal. Seit 2018 ist Rausch Mitherausgeberin des „Jahrbuchs für Politik“. Bettina Rausch ist externe Lehrbeauftragte u.a. an der IMC FH Krems und an der FH Campus Wien.

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