Philipp Blom: Die Unterwerfung. Anfang und Ende der menschlichen Herrschaft über die Natur.

Hanser Verlag, 368 Seiten

Anlässlich dieses Buchtipps will ich wieder einmal darauf hinweisen, dass eine Buch-Empfehlung für mich nicht von vornherein bedeutet, dass ich mit den Inhalten oder der Intention von Autor oder Werk übereinstimme. Kunst – die Literatur in diesem Fall – soll auf- und anregen, zum Nachdenken, zum Weiterdenken, vielleicht auch zum Überdenken der eigenen Meinung, den Horizont erweitern, zu Diskurs und Dialog ermuntern. Ich bin gespannt, wozu „Die Unterwerfung“ euch inspiriert.

EINEN STARKEN TITEL…

hat Philosoph Philipp Blom für sein 2022 erschienenes Buch gewählt. Der Untertitel ist nicht weniger „catchy“. Schon die Worte auf der Titelseite also rütteln auf und irritieren mitunter. Und das zieht sich durch das gesamte Werk. Gegliedert in drei Abschnitte – Mythos, Logos und Kosmos – nähert sich Philipp Blom quasi multidisziplinär an das Thema an. Knallharte „Facts“ bettet er in Bilder (im wahrsten Sinne des Wortes) und Geschichten ein, sodass sie von Leser und Leserin auch auf unterschiedlichen Wahrnehmungsebenen rezipiert werden können.

Durchaus Bekanntes begegnet einem, wenn man u.a. Bloms „Die Welt aus den Angeln“ gelesen hat. Sein Werk ist konsistent, aber man muss die Bücher nicht in chronologischer Reihenfolge gelesen haben, um sie zu verstehen. Denn so fundiert Philipp Bloms Recherche, so genau seine historischen Bezüge, so dicht seine Erzählungen auch sein mögen, er formuliert immer wieder aufs Neue verständlich und erzählt so fesselnd, dass man jederzeit ein- aber kaum wieder aussteigen kann.

EINSPRUCH

„Die Unterwerfung“ ist keine wissenschaftliche Arbeit, jedoch mit wissenschaftlichem Anspruch verfasst – und so argumentiert Blom durchgängig sauber, untermauert seine Positionen und Argumente. Mit fein ausdifferenzierter Theologie- und Kapitalismuskritik dekonstruiert er unser traditionelles denken. „Die […] Krise der Klimakatastrophe drückt sich auch darin aus, dass eine bestimmte Haltung – die des Unterwerfers, sie seit dreitausend Jahren erfolgreich war – gegen ihre Besitzer gewendet hat und ein ganzes Archipel von Gesellschaften ohne das bewährte Verständniswerkzeug dasteht.“
Die Botschaft, die der Philosoph und Historiker auf 368 Seiten sendet, ist weder plump noch eindimensional – das will ich angesichts eines heute mitunter recht eingeschränkten Meinungskorridors ausdrücklich erwähnen! – dennoch eindrucksvoll und deutlich: Die Natur braucht den Menschen nicht, die Menschen aber sehr wohl eine intakte Natur.

Auch wenn ich von Bloms Darlegungen beeindruckt bin, im Buch Neues gelernt habe und schon gar nicht die Bedeutung des Klimawandels und seiner Folgen kleinreden will, so habe ich doch in zwei Aspekten einen klar anderen Zugang als der Autor:

Zum einen bin ich davon überzeugt, dass wir mehr Zuversicht und Zutrauen brauchen als Endzeitstimmung, um ins Tun zu kommen, ganz gleich ob es um neue Regeln fürs Zusammenleben oder um freiwillige Lebensstiländerung geht. Gerade da muss es doch eine Aussicht auf ein besseres Leben geben – mit mehr Qualität und ja, vielleicht auch Besinnung aufs Wesentliche, damit „man“ etwas tut. Die Aussicht auf den sicheren Untergang führt in meiner Wahrnehmung doch wohl eher zu einer Stimmung wie auf dem Oberdeck der Titanic. Zum anderen, meine ich, brauchen wir durchaus Innovation, Forschung, Technologie, jedenfalls um mit den Folgen des Klimawandels zurecht zu kommen, aber auch um sinnvoll und möglichst effizient schädliche Einflüsse aufs Klima, auf die Biosphäre, zu minimieren. All das ohne Selbstüberschätzung, ohne die Hybris, die Blom nachvollziehbar anprangert, aber auch mit genug (Selbst-)Vertrauen und Sendungsbewusstsein, die es als treibende Kräfte braucht.

Die Lektüre des Buches empfehle ich trotz oder gerade wegen dieser meiner Einsprüche uneingeschränkt. Und ich freue mich auf die Rückmeldung anderer Leserinnen und Leser dazu, was ihr aus dem Buch mitnehmt und was in euch nachwirkt.

Herzliche Grüße,
Bettina

PS: Beim Symposion „Klimaschutz aus bürgerlicher Sicht“ nehmen wir als Politische Akademie eine klare, bürgerliche Perspektive ein, geben aber dennoch vielfältige Ein- und Aussichten und jedenfalls Raum für Austausch und Impulse zum Weiterdenken und Umsetzen. Mehr zum Symposium hier.

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Buchtipps von Bettina Rausch-Amon

Bettina Rausch-Amon, geboren 1979, Mag. phil., MBA (Health Care Management), ist Präsidentin der Politischen Akademie der Volkspartei und Abgeordnete zum Nationalrat. Sie war fünf Jahre lang Mitglied des Bundesrates und weitere fünf Jahre lang Abgeordnete zum Niederösterreichischen Landtag. Sie ist Herausgeberin zahlreicher Publikationen, zuletzt des Sammelbandes „Christlich-soziale Signaturen. Grundlagen einer politischen Debatte,“ gemeinsam mit Simon Varga, und des Sammelbandes „Bürgergesellschaft heute. Grundlagen und politische Potenziale“ gemeinsam mit Wolfgang Mazal. Seit 2018 ist Rausch Mitherausgeberin des „Jahrbuchs für Politik“. Bettina Rausch ist externe Lehrbeauftragte u.a. an der IMC FH Krems und an der FH Campus Wien.

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