Österreich in Europa – Jubiläumsveranstaltung zum 90. Geburtstag von Dr. Alois Mock & 30 Jahren EU-Volksabstimmung
Bei einer Festveranstaltung mit 500 Gästen im Palais Ferstel wurde anlässlich des 90. Geburtstags von Dr. Alois Mock die Bedeutung Europas für Österreich diskutiert. Wegbegleiter, Expertinnen und Experten und Bundeskanzler Karl Nehammer ehrten den großen Staatsmann Dr. Alois Mock, der den EU-Beitritt verhandelte und politisch umsetzte.
Fest verwurzelt in der Volkspartei
Bettina Rausch-Amon, Präsidentin der Politischen Akademie, bezeichnete das politische Vermächtnis Mocks als Auftrag für die heutige Politikergeneration. Der Visionär Mock habe seine Ziele Österreichs EU-Beitritt und die Vereinigung Europas als wichtigste politische Entscheidung der Zweiten Republik begriffen. Nach sechs Jahren intensiver und komplexer Verhandlungen war es am 12. Juni 1994 so weit: 67 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher stimmten bei der Volksabstimmung für einen Beitritt zur Europäischen Union. Um die Erinnerung an Alois Mocks politisches Vermächtnis lebendig zu halten, hat die Politische Akademie ihre repräsentative Räumlichkeit schon vor fünf Jahren im Springer Schlössl, dem Sitz der Akademie, auf Initiative Rausch-Amons „Alois Mock Aula“ benannt. „Alois Mocks Politikstil ist fest in den Werten der Volkspartei verwurzelt und ist für uns Vorbild und Inspiration zugleich. Er war an Konsens und gemeinsamen Lösungen interessiert und verfolgte seine Ziele immer hartnäckig. Mit seinem Handeln hat er politische Generationen geprägt“, so Rausch-Amon.
Europa zukunftsfit machen
Bundeskanzler Karl Nehammer war acht Jahre alt, als er Alois Mock kennenlernte. Von Mock habe er gelernt, Europa als christlich-sozial geprägte Idee zu verstehen. So wie es vor dreißig Jahren gelungen sei, die Menschen vom EU-Beitritt zu überzeugen und etwas Neues zu beginnen, sei es sein Auftrag, Neuland zu betreten und Ängste und Vorurteile zu überwinden. Die Freiheit, die mit dem EU-Beitritt erreicht worden sei, gelte es weiterzuentwickeln für die heutigen Anforderungen. Die Politik sei dabei gefordert und müsse sich folgende Fragen stellen: „Wie können wir Europa den Bürgerinnen und Bürgern nahebringen? Was sind die Emotionen heute?“ Bei der Beantwortung dieser Fragen ist es für Nehammer entscheidend, die Menschen für die Zukunft zu begeistern und nicht gedanklich der Vergangenheit verhaftet zu bleiben. Die christdemokratische Bestimmung sei es, Europa besser zu machen und eine Mauer zu bilden gegen jene Kräfte, die Europa zerstören wollen. Es liege in der christdemokratischen DNA, die EU aktiv zu verbessern. Eine christdemokratisch inspirierte Union sei ein Bund befreundeter und souveräner Nationen und kein zentralistischer Staat. Österreichs Rolle definierte Nehammer klar: „Österreich ist nicht widerspenstig. Wir wollen Europa besser machen. Das heißt, Außengrenzen schützen und illegale Migration stoppen. Wir müssen und wollen Ordnungskompetenz zeigen, indem wir die EU wettbewerbsfähig halten, was auch eine Abkehr von der Überregulierung bedeutet.“
Europa gestalten
Manfred Weber, Vorsitzender der Europäischen Volkspartei, erinnerte in seinem Vortrag an die europäische Dimension des Staatsmannes Alois Mock. Als Mann der Mitte habe Mock für ein geeintes Europa gekämpft sowie in Generationen und nicht nur an die nächsten Wahlen gedacht. Als Christdemokrat stand für Mock der Mensch im Mittelpunkt; er habe Politik stets vom Menschen, und nicht von der Ideologie her, gedacht.
Mock glaubte an ein vereintes Europa, wo der Osten und der Westen untrennbar zusammengehören. Osteuropa sah Mock immer als integralen Bestandteil der Europäischen Union, weshalb er sich nach der Überwindung des Eisernen Vorhanges unermüdlich für die EU-Osterweiterung einsetzte. Mock habe auch den Europäischen Lebensstil definiert und vorgelebt: Regional verankert, national verortet und eingebunden in die europäische Zukunft. In einem solidarischen Europa gilt die Demokratie als Grundentscheidungsprinzip mit den Leitwerten Rechtsstaatlichkeit, Subsidiarität und soziale Marktwirtschaft. Diese europäischen Prinzipien sind in Zeiten neoimperialer russischer Aggression gefährdet und müssen aktiv verteidigt werden, mahnte Weber ein.
Beeindruckende Bilanz
Nach fast drei Jahrzehnten EU-Mitgliedschaft ist die Bilanz für Österreich eindrucksvoll. Das Bruttoinlandsprodukt hat sich verdoppelt und sechs von zehn erwirtschafteten Euros gehen heute in den Export. Österreichs Wirtschaft lebt vom Binnenmarkt. Neben dem steigenden Wohlstand und dem friedlichen und sicheren Zusammenleben mit den Nachbarstaaten nannte Weber die Bewegungsfreiheit für alle Bürgerinnen und Bürger den dritten europäischen Trumpf. Der ganze Kontinent sei heute Heimat, so Weber. Diese Errungenschaften gelte es gegen die Feinde Europas selbstbewusst zu verteidigen. Wenn Populisten gegenwärtig Europa bekämpfen, schlecht reden und zerstören wollen, müsse die Christdemokratie dagegen aktiv antreten. Um die Bürgerinnen und Bürger von Europa zu überzeugen, seien Hausverstand und Pragmatismus besser als Ideologie. Probleme zu lösen, sei dabei essenziell. Bundeskanzler Nehammer habe in der Migrationsfrage gehandelt und mit dem Migrationspakt das Europa von morgen vorgedacht. Künftig entscheiden nur mehr die europäischen Staaten und nicht mehr Schlepperbanden, wer den Kontinent betreten darf. Um Europa zu stärken, brauche es eine von den Wählerinnen und Wählern gestärkte Volkspartei als aktiven Bestandteil einer starken europäischen Volkspartei, da nur die EVP die Vertretung der bürgerlichen Mitte gewährleiste.
Verantwortlich für Europa
Unter der versierten Moderation von Hannelore Veit wurde in einer Gesprächsrunde ein Blick in die Vergangenheit, aber auch in die Zukunft der Europäischen Union geworfen. Ein hochrangig besetztes Podium mit Mikuláš Dzurinda, Martin Eichtinger, Eva Dohalova und Reinhold Lopatka warf dabei Schlaglichter auf den Jubilar Mock und die Erfolgsgeschichte „Österreich in Europa“.
Mikuláš Dzurinda, ehemaliger slowakischer Premierminister, prognostizierte bei der Europawahl einen Sieg für die Europäische Volkspartei. Die EVP sei verantwortlich für die behutsame Weiterentwicklung Europas. In der Slowakei sehe man Alois Mock als Ermöglicher und Vater der EU-Osterweiterung. Mock habe als entschiedener Gegner des Kommunismus sofort die historische Chance erkannt und sich als erster Politiker aktiv für die Anerkennung Sloweniens und Kroatiens engagiert. Mock wollte die Osteuropäer vom Joch des Kommunismus befreien und hatte dabei immer ganz Europa im Blick.
Reinhold Lopatka, Volkspartei-Europasprecher und Spitzenkandidat bei der Europawahl 2024, wurde als Jungpolitiker von Mock für Europa begeistert und von ihm zu europäischen Tagungen mitgenommen. „Persönlichkeiten, die für Europa blühen, und eine Aufbruchstimmung brauchen wir auch heute“, erinnerte sich Lopatka. Die Volkspartei werde in der nächsten Legislaturperiode in Europa daher die notwendigen nächsten Schritte setzen. Lopatka habe von Mock gelernt, aktiv gegen totalitäre Systeme einzutreten und für die europäische Idee zu kämpfen.
Martin Eichtinger, Autor der Alois-Mock-Biografie, ergänzte die politischen Meriten Mocks noch um einige persönliche Beobachtungen: Alois Mock sei als Politiker immer auf die Menschen zugegangen. Am wohlsten habe er sich unter Menschen gefühlt und sich ihre Anliegen immer in Notizbücher notiert, um aktiv werden zu können. Sein Gestaltungswille war von einer spürbaren Integrität getragen und Mock habe Politik als Dienst am Staat und am Bürger betrachtet. Wichtig war Mock auch das Netzwerken und grenzübergreifende Zusammenarbeit. Mit der Europäischen Demokratischen Union (EDU), der Vorgängerorganisation der EVP, hat Mock den politischen Dialog in ganz Europa ermöglicht und eine Interessengemeinschaft für Gleichgesinnte aufgebaut. Eva Dohalova von der International Young Democrat Union, deren erster Vorsitzender Alois Mock war, ergänzte den Befund Eichtingers. Sie verorte sich in der Tradition Mocks und wolle Europa aktiv weiterentwickeln und dabei für die Mitte einstehen.
Eine stimmungsvolle Jubiläumsfeier
Eingebettet waren die inhaltlichen Impulse in eine rundum stimmige Veranstaltung. Aufgegriffen wurden besondere Vorlieben Alois Mocks: So gab es zur Begrüßung sommerliches Zitronen-Eis, das sich Alois Mock früher gerne gegönnt hat. Kredenzt wurde es zu schwungvollen Schlagern der 1950er und 1960er Jahre, die Mock besonders geliebt hat. Und auch beim Ausklang begleiteten Alois Mocks Lieblingsspeisen – Debreziner Würstel und Marillenknödel – die guten Gespräche.
Besonders emotional portraitierte ein kurzer Film den Menschen Alois Mock. In knapp fünf Minuten kamen darin Wegbegleiter und seine Frau Edith zu Wort, die Alois Mock von seiner politischen und menschlichen Seite beschrieben haben. Edith Mock zeigte sich auch sichtlich gerührt, als ihr zu ihrem bevorstehenden Geburtstag Ende Juni von Bundeskanzler Nehammer und Akademie-Präsidentin Rausch-Amon gratuliert wurde.
Den Abschluss der Veranstaltung bildete die Österreichische Bundeshymne und die Europahymne interpretiert von Barbara Helfgott und ihrem Ensemble, die auch während der Veranstaltung mit schwungvollen Einlagen für Abwechslung im Programm sorgte.