Die Leiterin des John Stuart Mill Instituts für Freiheitsforschung Ulrike Ackermann diskutierte mit Moderatorin Katharina Hofstadler über das Spannungsverhältnis von Freiheit und Sicherheit in der Coronakrise.
Die Coronakrise zwingt weltweit Regierungen dazu, große Beschränkungen der Freiheitsrechte von Bürgerinnen und Bürgern vorzunehmen. Betroffen sind unter anderem die Bewegungsfreiheit, die Reisefreiheit, die Freiheit der Berufsausübung und die Versammlungsfreiheit. Für Ackermann steht fest, dass diese Freiheiten, die über Jahrhunderte erkämpft wurden, ein wesentlicher Bestandteil unserer liberalen Demokratien sind. Diese Freiheitsrechte gegen eine globale Bedrohung der Gesundheit eines Großteils der Weltbevölkerung abzuwägen ergebe einen „klassischen Ambivalenzkonflikt“. Es steht außer Frage, dass eine zentrale Aufgabe des Staates darin besteht, für die Sicherheit der Bevölkerung zu sorgen. Ob dies jedoch in Form des harten Paternalismus – also einer strikten Bevormundung durch Verbote und Gesetze – oder durch leichte Anstöße erfolgen soll, lasse sich zumeist erst nach einer Krise beantworten.
Dennoch lobt Ulrike Ackermann Länder wie Deutschland und Österreich, die sehr schnell und strikt Maßnahmen gesetzt haben und sieht im Erfolg der Maßnahmen in gewisser Weise deren Legitimation. Nun sei es jedoch wichtig, mit absoluter Transparenz bei den Lockerungen vorzugehen und vor allem einen öffentlichen Diskurs über die Verhältnismäßigkeit der Freiheitseinschränkungen zuzulassen. So ließen sich auch unter Zeitdruck getroffene Maßnahmen argumentieren. Die Freiheitsforscherin sieht nämlich den vielzitierten Benjamin Franklin fehlinterpretiert. Die Aussage „Wer wesentliche Freiheit aufgeben kann, um eine geringfügige einstweilige Sicherheit zu bewirken, verdient weder Freiheit noch Sicherheit“, sei eine liberale Mahnung, nicht sofort große Freiheiten für kleine Sicherheiten aufzugeben. Aber eine vorübergehende Einschränkung der Freiheitsrechte zugunsten großer Sicherheit könne durchaus gerechtfertigt werden.
Zum Abschluss der Diskussion richtete sich der Blick von Ackermann in die Zukunft. Dass der Staat sich nach der Krise wieder zurückziehen muss, einerseits mit den gesetzlichen Maßnahmen, andererseits auch mit den finanziellen Zuschüssen, ist für sie klar. Um einen funktionierenden Sozialstaat führen zu können, bedürfe es einer funktionierenden Wirtschaft. Dies zu garantieren solle neben der vollständigen Wiederherstellung aller Freiheitsrechte das Ziel des Staates sein.