Springer Schlössl – Ein Haus mit Geschichte

Springer Schlössl – Ein Haus mit Geschichte, ein Haus für Generationen, für Entwicklung, für Werte, für Bildung und für Neues. Vor einem Jahrhundert aber auch – das Haus einer Familie, der Familie Springer.

Am 28. Juni 2023 fand eine beeindruckende historische und architektonische Zeitreise mit den Nachfahren sowie Expertinnen und Experten über das Haus, den Garten und die Persönlichkeiten der Familie Springer statt. Besonders bewegt haben dabei die Erinnerungen der Nachfahren Felipe Propper, Enkel der letzten Besitzerin, und seiner Frau Renate Goldschmidt Propper. Beide sind über 90 Jahre und reisten extra 7.000 km aus New York an, um die Erinnerungen an Haus und Familie zu teilen. Auch viele weitere Familienmitglieder waren bei der Veranstaltung dabei.

Begleitet durch Moderatorin Ulrike Farnik nahmen der Historiker Johannes Schönner, Architektin Regina Freimüller-Söllinger, Landschaftsarchitektin Brigitte Mang sowie die ehemalige Direktorin des Jüdischen Museums Danielle Spera, das Publikum auf einen Streifzug durch das Springer Schlössl und ihre Bewohnerinnen und Bewohner mit. Die Geschichte der Politischen Akademie und ihren Anspruch als Bildungsinstitution beschrieb Akademie-Präsidentin und Abgeordnete zum Nationalrat Bettina Rausch. Für die musikalische Untermalung sorgte das Streichquartett „Amaris“.

Geschichte des Springer Schlössl

Carl Freiherr von Hügel (1796–1870), Oberstgartenmeister des benachbarten Schlossparks Schönbrunn, hat die Parkanlage am Tivoli angelegt. Das 40.000 m² große Parkareal rund ums Schlössl ist aus dieser Zeit erhalten. Der Wiener Großindustrielle Gustav Freiherr von Springer (1842–1920) kaufte das Areal und ließ 1887 vom Architekten-Büro Fellner & Helmer das Springer Schlössl errichten. Das Springer Schlössl hatte damals ca. 50 Angestellte und 30 Gärtner. Seine Tochter Maria Cäcilia Springer (1886–1978) bewohnte das Schlössl bis zum „Anschluss“ 1938. Das Haus wurde von den Nationalsozialisten als jüdisches Eigentum beschlagnahmt, ausgeraubt und als Gauführerschule genutzt. Ein Schwiegersohn, er war Offizier der Britischen Armee, sah das Haus im Jahr 1945 und fand es vandalisiert vor. Nach Kriegsende wurde es an Maria Cäcilia Springer restituiert, die das Areal 1953 an den Verein „Wiener Volksheime“ verkaufte. Seit 1975 nutzt die Politische Akademie der Volkspartei das Springer Schlössl als Bildungszentrum.

Ein Stück Land mitten in der Stadt

Der Historiker und Leiter des Karl von Vogelsang-Instituts Johannes Schönner betonte vor allem die soziale Komponente von Baron Springer: „Er war modern, hat start ups – wie man heute sagen würde – unterstützt und in seinen Firmen und Betrieben soziale Standards eingehalten und Mitarbeiterbeteiligung zugelassen. Und das war damals nicht selbstverständlich.“

Schönner schilderte, dass die damalige Ringstraßengeneration, zu der Gustav Springer gehörte, mit den Bauwerken ihre gesellschaftliche Stellung präsentieren wollte und oftmals auch die Nähe zur Monarchie gesucht hat. „Es kam nicht von ungefähr, das Baron Springer hier gleich neben Schönbrunn gebaut hat.“ Für die damalige Zeit war das Haus voller Innovationen. „Der Springbrunnen war einer der ersten, der mit einem Elektromotor betrieben wurde. Das Dach hatte Lichtreflektoren und 3-4 verschiedenen Spiegeleinheiten, die das Tageslicht einfingen“, so Schönner.

Im Anschluss an seinen Vortrag überreichte Schönner der Familie Propper eine Kopie des Magistratsbescheids zur Bewilligung des Springbrunnens mit Elektromotor aus dem Jahre 1896.

Der Campus ist (wieder) ein wunderbarer Kraftort

Die Präsidentin der Akademie Bettina Rausch betonte in ihrem Vortrag zur Geschichte der Politischen Akademie im Springer Schlössl, dass für den Bildungsauftrag der Partei seinerzeit ein geeigneter Ort zum Reflektieren, Innehalten, Wachsen und Vordenken gesucht und mit dem Springer Schlössl auch gefunden wurde. „Die Geschichte des Hauses und auch die dunklen Kapitel fordern uns auf, das Erbe am Leben zu erhalten, zu erinnern, zu mahnen, daraus zu lernen und uns weiterzuentwickeln. Dabei knüpfen wir auch an die Gründungsgeschichte an, als offenes Haus für die Zukunft und auch allen Menschen gegenüber, die mit uns lernen wollen“, erklärt Rausch.

Für die Präsidentin ist es wichtig, „dass wir aus der lebendigen Erinnerung heraus Kraft schöpfen für die Zukunft.“

„Mit dieser Veranstaltung gehen wir einen wesentlichen Schritt, der längst überfällig war. Von Anselm Grün stammt der Ausspruch ‚Nur wer seine Wurzeln kennt, kann wachsen.‘ Und dieser Satz, den die Politische Akademie als Leitspruch hat, könnte heute auf dieser Veranstaltung nicht passender sein“, so die Präsidentin. „Der Campus ist (wieder) ein wunderbarer Kraftort geworden.“

Prachtvoller Garten und imposante Residenz

Die, Landschaftsarchitektin und Expertin für historische Gärten Brigitte Mang beschrieb in ihrem Vortrag das Besondere des Parks: „Das Faszinierende an der Springerschen Anlage sind die sehr schönen Gehölzpflanzungen an den Seiten und die offene, große grüne Mitte.“ Insgesamt befinden sich rund 950 Bäume auf dem Areal. „Die Gartenanlage spiegelte sowohl das bürgerliche Leben als auch die gesellschaftliche Stellung in der Nähe von Schönbrunn wider. Auch der ländliche Gestaltungsstil der ehemaligen Kegelbahn und der Stallgebäude erinnerten an den Tirolergarten und die Meierei in Schönbrunn. Das seinerzeitige Glas- und Treibhaus hingegen repräsentierte die industrielle und technische Gestaltung,“ so Mang. Hervorzuheben ist auch, dass das Schloss sowie die Garten- und Nebengebäude an das Architektenduo Fellner & Hellmer in einer Hand vergeben wurde.

Die Architektin Regina Freimüller-Söllinger bezeichnete das Schlösschen als „einzigartig, weil es direkt neben Schönbrunn lag, umgeben von einem riesigen Park und erbaut von einem Architektenduo, was damals nicht üblich war.“ Sie betonte auch die Dualität als Sommerresidenz und Schloss, wobei den Architekten auch hier ein ländlicher Stil wichtig war. „Im Inneren fasziniert die dreiseitige Galerie in der Halle mit dem 55m² großen Glasdach, das wie ein verglaster Innenhof wirkt. Es vereint also das Städtische, Große“, so Söllinger. Einzigartig war auch der Rote Salon mit in den Boden versenkbaren Fenster und dem Ausgang auf die Terrasse.

Das wunderbare Haus wurde in der jüngeren Vergangenheit auch immer wieder als Filmkulisse verwendet, unter anderem für Szenen aus Comedian Harmonists.

Wechselvolles Leben der Familie Springer

Danielle Spera, Executive Director von „Kultur. Medien. Judentum“ und ehemalige Direktorin des Jüdischen Museums, die auch den Kontakt zur Familie Springer in New York hergestellt hatte, beschrieb in ihrem Vortrag die Entstehung der Ringstraße, das jüdische Leben in Wien und die Geschichte der Familie Springer.

So wurde seinerzeit die Ringstraße finanziert, indem der Kaiser die Parzellen verkaufte und das Geld jüdischen Bürgern zur Verfügung stellte, die zum ersten Mal auch wieder Grundbesitzer werden durften. „Auch die Familie Springer erwarb eine Parzelle an der Ringstraße 14 und errichtete dort ihr Stadtpalais“. Spera wies auch auf eine Gemeinsamkeit von Votivkirche und Leopoldstädter Tempel hin: „Der Schlussstein der Votivkirche und der Grundstein des Leopoldstädter Tempels stammen beide aus Jerusalem.“

Das Springer Schlössl hat viel mit der Ringstraße und deren Architektur zu tun. Sowohl Schönner als auch Spera betonten, dass ohne das jüdische Bürgertum und seiner Initiative und seines Mäzenatentums die Ringstraße nicht entstanden wäre.

Das besondere Highlight der Veranstaltung waren die Kindheits- und Lebenserinnerungen der Nachfahren Felipe Propper und seiner Frau Renate.

Immer wieder erzählte Herr Propper auch von seinen persönlichen Erinnerungen, da er als Kind viele Sommer im Springer Schlössl verbracht hatte. „Als Kind fiel mir als erstes der Geruch guter kubanischen Zigarren auf, sobald ich in die Halle kam, außerdem erinnere ich mich an die riesige Kegelbahn, an Franz mit seinem weißen Haar, der für das Haus verantwortlich war, und an die Badewannen, die eigentlich kleine Pools waren, in die man über Stufen hinunterstieg. Im Herbst sammelte ich Kastanien und fuhr mit dem Leiterwagen nach Schönbrunn, wo ich dann die Tiere fütterte.“

Die letzte Besitzerin der Familie Springer, Maria Cäcilia Springer, genannt Mitzi, war die Großmutter von Felipe Propper und er erinnerte sich noch gut an sie und hob vor allem immer wieder ihre positive Natur hervor. „Sie war eine charmante, humorvolle und großartige Persönlichkeit. Sie interessierte sich sehr für ihre Umwelt, hatte klare Ansichten und argumentierte gerne. Ihr Motto war: ‚unite the impossible.‘ Äußerst praktisch veranlagt, sozusagen hands on, verwaltete sie ihre Firmen selbst. Heute würde man sie wohl als Managerin bezeichnen.“

Herr Propper war beeindruckt von der heute hier ansässigen Organisation, der Politischen Akademie, die ganz im Sinne seiner Großmutter Lösungen sucht und für Entwicklung sorgt.

Der umfangreiche Nachlass der letzten Besitzerin Maria Cäcilia Springer, den die Nachfahren in mehreren großen Kartons erhalten haben, veranlasste Frau Goldschmidt Propper vor zwei Jahren ein Buch über sie zu verfassen, das demnächst erscheinen wird. Die intensive Beschäftigung mit dem Material schilderte sie so: „Ich lebe quasi seit zwei Jahren in diesem Haus.“ Sie bezeichnete die Großmutter ihres Mannes als Respektsperson und möchte mit dem Buch ihr Leben und Wirken auszeichnen. Für die kleine Ausstellung im Rahmen dieser Veranstaltung und die dazu begleitende Broschüre über das Haus hat sie viele Fotos zur Verfügung gestellt.

Erinnerungstafel enthüllt

Einer der Höhepunkte der Veranstaltung war die Enthüllung der Erinnerungstafel. Diese wurde neben der Tür des Haupteingangs angebracht und erinnert an die wechselvolle Geschichte des Hauses und den Besuch der Nachfahren Renate und Felipe Propper im Juni 2023.

Felipe Propper überreichte als Geschenk an die Präsidentin der Politischen Akademie ein Bild, das seine Großmutter mit ihrem Vater vor der Kutsche beim Springer Schlössl zeigt. Er strich hervor, dass sie in jeder Hinsicht eine positive Person war und appellierte an das Publikum, dass es eine der besten Qualitäten sei, Positivität in unser Leben zu bringen.

Abgerundet wurde die Veranstaltung mit geführten Rundgängen durch das Schlössl bzw. die Gartenanlage, einer kleinen Ausstellung im Foyer und bei guten Gesprächen auf der Terrasse.

Aufgrund der Förderung der Erinnerungskultur wurde diese Veranstaltung durch den Zukunftsfonds der Republik Österreichs unterstützt.

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