Grundsatz #26

Zu Beginn der letzten Folge von „Grundsatz“ im Jahr 2022 blickt Akademie-Präsidentin Bettina Rausch auf das vergangene Jahr zurück: „Den rauen Ton im Parlament habe ich unterschätzt und an den will ich mich auch nicht gewöhnen. Ich bin ja Parlamentarierin aus Leidenschaft und das Parlament ist ein Ort der Demokratie im besten Sinne, ein Ort des politischen Diskurses und der Auseinandersetzung mit anderen Menschen und Meinungen, am besten konstruktiv.“

Eine wesentliche Rolle dabei spiele die politische Bildung, um die es in dieser Folge von „Grundsatz“ geht. Sie solle Menschen befähigen, am politischen Diskurs teilzunehmen, Demokratie und damit Gesellschaft mitzugestalten und ein aktiver Bürger bzw. eine aktive Bürgerin sein zu können. Die Politische Akademie leiste hier ihren Beitrag zum lebenslangen politischen Lernen, das sei ihr Zweck und Auftrag, erklärt Rausch.

Zu Gast bei Host Christian Gerd Laudenbach sind in dieser Episode der Sozial- und Erziehungswissenschaftler Prof. Dr. Wolfgang Sander, der seinen Schwerpunkt in der Didaktik der politischen Bildung hat, und Nico Marchetti, Abgeordneter zum Nationalrat. Dieser berichtet von der überparteilichen Initiative zur Demokratiebildung, die im Parlament von allen Parteien außer der FPÖ gemeinsam beschlossen wurde. Sie soll vor allem die Vermittlung von Medienkompetenz als wichtigen Bestandteil der politischen Bildung verankern. Wissenschaftler Sander ordnet diese Initiative systemisch ein: „Politische Bildung soll politische Urteilsfähigkeit und politische Handlungsfähigkeit entwickeln und fördern. Dabei sollen für beide Bereiche methodische Fähigkeiten und letztendlich auch politisches Wissen vermittelt werden. Die Medienkompetenz liegt zwischen diesen Bereichen, sie enthält sowohl methodische Fähigkeiten als auch inhaltliche Bezüge.“

Marchetti betont die Wichtigkeit dieser Kompetenzen: „Es ist wichtig, dass nicht jeder seine eigenen Fakten hat und wir gar keine gemeinsame Basis mit einem Grundkonsens haben, auf Basis dessen wir einen Diskurs führen. Ohne diese Basis wird es schwierig, dass eine Demokratie langfristig bestehen kann.“ Sander betont die langfristige Wirkung der politischen Bildung: „Wir sollten uns vor einer Überforderung hüten: Die politische Bildung ist nicht die Feuerwehr, die die gesellschaftlichen Brandherde löscht. Sie ist der vorbeugende Brandschutz“, so der Wissenschaftler.

Beide betonen den Gedanken, dass politische Bildungseinrichtungen ein Ort sein sollen, um abseits der Tageshektik ins Gespräch zu kommen. Marchetti erwähnt in diesem Zusammenhang auch die mobile Demokratiewerkstatt als Instrument der „aufsuchenden Bildungsarbeit“. Barrieren zur Politik sollen damit verkleinert, die Lust auf Diskutieren und Debattieren angeregt werden.

Für die Zukunft sieht Sander einen erhöhten Bildungs- und Informationsbedarf in den Themenbereichen „Aussen- und Sicherheitspolitik“ und „Europäische Identität“. Marchetti streicht die Bedeutung der Partei-Akademien hervor: „Diese Einrichtungen bieten einen Ort, wo man abseits der Bühne in Ruhe und vernünftig miteinander reden kann, ohne Druck immer sofort etwas zu entscheiden, sich zu äussern oder sich durchzusetzen.“