Das Symposium zum Thema Klimaschutz aus bürgerlicher Perspektive der Politischen Akademie brachte am 11. Juni viele verschiedene Interessierte und hochkarätige Vortragende zusammen. Einleitend diskutierten unter der Moderation von Elisabeth Zehetner von oecolution Politische-Akademie-Präsidentin Bettina Rausch-Amon mit Franz Fehr vom Institut für Umwelt, Friede und Entwicklung und Martin Hosner vom Ökosozialen Forum über die Frage, wie die Ausrichtung der Volkspartei zum Thema Klimaschutz weiter aussehen sollte. Rausch-Amon betonte, dass es die Marke der Volkspartei sei, verschiedene Positionen auszuhalten, die Positionen sind oft ausgewogener. Man trete mit einem gesunden Skeptizismus an viele Sachen heran, insbesondere zu allen zu radikal klingenden drastischen Lösungen, die verlockend wirken. Man stellt sich die Frage, was man den Menschen zumuten kann, wo man sie mitnehmen kann. Es brauche immer ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Freiheit und Verantwortung. Die Motivation einer Volkspartei für mehr Klimaschutz liege in der Verantwortung der nächsten Generation gegenüber. Wir wollen die Welt so hinterlassen, dass auch die nächste Generation ein gelungenes Leben führen kann. Während oft eine Apokalypse vor Augen gezeichnet wird, brauche es viel mehr eine zuversichtliche Vision, die zum gemeinsamen Schaffen anspornt. Franz Fehr wies darauf hin, dass Österreich bei den „Sustainable Development Goals“ (SDGs), den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen, zum Beispiel bei den Naturressourcen gut dasteht. Österreich hat viel Wald und sauberes Trinkwasser. Entwicklungspotenzial gäbe es noch beim CO2-Ausstoß. Im Grunde haben die SDGs die gleichen Ziele wie die ökosoziale Marktwirtschaft, nämlich soziale, wirtschaftliche und ökologische Ziele. Martin Hosner, Referent für Jugend und PR beim Ökosozialen Forum, forderte die Jugend dazu auf, sich konstruktiv an der Klimaschutzdebatte zu beteiligen, anstatt in erster Linie zu schreien.
Klimawandel: der Status-Quo in Österreich
Um einen Konsens über den Status Quo des Klimawandels in Österreich herzustellen, sprach Andreas Schaffhauser, wissenschaftlicher Generaldirektor der GeoSphere Austria, der Bundesanstalt für Geologie, Geophysik, Klimatologie und Meteorologie. Eingangs hielt Schaffhauser fest, dass wir seit den 1980er, 1990er Jahren einen Anstieg der Jahrestemperatur verzeichnen. Man sieht auch, dass Wetterlagen länger andauern. Für den Sommer bedeutet das länger andauernde Warm und Trockenphasen. Außerdem gab es seit dem Jahr 2000 eine Zunahme extremer Wetterereignisse wie etwa intensivere Gewitter mit größerem Hagel und intensiveren Sturmböen. Das ließe sich nicht nur aus den Wetterdaten herauslesen, sondern auch die Einsätze der Feuerwehr, die unwetterbedingt durchgeführt worden sind, seien in den letzten Jahren viel häufiger geworden. Auch am Bildmaterial von Gletschern sehe man, wie diese aufgrund der Änderungen im Klima über die Jahre kleiner werden und sich die Berglandschaft verändert. Spätfrostereignisse verschieben sich im Jahresverlauf nach vorne, was eine frühere Blütezeit bedeutet und die Landwirtschaft beeinflusst. Das Waldbrandrisiko werde während den Trockenperioden und mit fortschreitender Dürre höher. Weiter führte Schaffhauser aus, dass es ohne den Treibhauseffekt kein Leben auf der Erde geben würde. Allerdings beeinflusse die Menge an zusätzlichen Treibhausgasen, die Menschen in die Atmosphäre bringen, die Durchschnittstemperatur. Die Maßnahmen, die man also in den nächsten Jahren setzt, seinen ausschlaggebend dafür, wie sehr die Temperaturen steigen.
Strategien für mehr Klimaschutz aus bürgerlicher Perspektive
Diesem Lagebild der Meteorologie folgten Vorträge, wie man aus bürgerlicher Perspektive darauf reagieren sollte. Einen Fokus legte man dabei auf wirtschaftliche Ansätze. Fred Luks, Ökonom und Nachhaltigkeitsforscher, präsentierte eine Sicht die oft auf die christlichen Soziallehre zurückgriff.
Nachhaltigkeit könne auch als enkeltauglich übersetzt werden. Konzepte wie die ökosoziale Marktwirtschaft, die es in den theoretischen Grundlagen der Volkspartei gibt, müssen auch gelebt werden. Die Transformation, die ansteht, müsse wandelnd gestaltet werden. Wir hätten hier eine Entscheidung zwischen einer „managed transition“ oder einer „forced transition“. Diese Transformation könne man nicht der privaten Organisation überlassen. Wir lebten in Anreizstrukturen und Infrastrukturen, die nicht nachhaltig sind und diese gelte es zu ändern. Für die nachhaltige Transformation bräuchte es Innovation, Exnovation – wir müssen auch manche Sachen wieder aus der Welt schaffen – aber wir bräuchten auch Tradition. Wir müssten auch viel verteidigen. Vor allem den Rechtsstaat und die Meinungsfreiheit. Mäßigung sei ein produktiver Beitrag zu einer aufgeheizten Debatte. Hier hätte die Volkspartei eine wichtige Funktion. Die Veränderungen, die anstehen, ernsthaft zu begleiten, sei eine Schlüsselaufgabe einer konservativen Partei.
Diesem Statement folgte der wirtschafts-liberale Ansatz von Patrick Dümmler, ehemaliger Senior Fellow bei der Denkwerkstatt avenir suisse. Anfangs stellte Dümmler fest, dass der Grund, weshalb wir das Klimaproblem noch nicht gelöst haben, damit zu tun hat, dass die negativen Effekte von Treibhausgasemissionen nicht in den Preisen der Energieträger abgebildet sind. Außerdem spüren Entscheidungsträger die Konsequenzen ihrer Handlungen nicht, da sich diese global verteilen und vor allem in der Zukunft anfallen. Das Trittbrettfahren sei sehr weit verbreitet: Individuen und einzelne Staaten sehen ihren Beitrag als so marginal, dass es sich nicht auszahlt, etwas zu tun. Im Diskurs wird oft der Kapitalismus als Klimakiller gesehen, als die strukturelle Ursache für die Klimakrise. Dümmler argumentierte gegen diesen Ansatz. Der freie Markt sei nicht die Ursache, sondern stelle die Lösung der Probleme dar. Es brauche eine Bepreisung des Treibhausgas-Ausstoßes, denn so könne man signalisieren, dass unser Handeln Konsequenzen hat und komme damit der Verursachergerechtigkeit näher. Preise seien technologieneutral, grenzen also nicht bestimmte Technologien von vornhinein aus. Subventionen von klimafreundlichem Verhalten hingegen spiegeln die externen Auswirkungen des Handelns nicht wider und seien nicht technologieneutral. Bei Subventionen gebe man sehr viel Geld aus für Verhalten, das sowieso stattfindet. Dieses Geld könne man viel effizienter anderswo einsetzen. Eine wirkungsvolle Klimapolitik sollte effektiv und effizient sein, um mit einem investierten Euro – das kann auch im Ausland sein – das Maximum an Treibhausgasersparnissen zu erzielen.
Dimitar Lilkov, Senior Research Officer am Wilfried Martens Centre, der Stiftung der Europäischen Volkspartei, brachte die Perspektive der EVP und ging dabei auf das Ergebnis der Europawahl ein. Er wies darauf hin, dass niemand wirklich wisse, wie viel der European Green Deal eigentlich koste, aber dass die Kosten exorbitant hoch sind. Der Green Deal führe zur Deindustrialisierung der europäischen Union aufgrund hoher Energiepreise. Außerdem gäbe es bürokratische Herausforderungen bei erneuerbaren Energiequellen. Es brauche viel Zeit um Genehmigungen zur Installation von erneuerbaren Energien zu bekommen und es ist schwierig diese ans Netz zu hängen. Erneuerbare Energien bräuchten auch viel Platz und lieferten nicht ausreichend Energie. Europa brauche Energiesicherheit. Um die Energietransformation umzusetzen, sei Erdgas notwendig. Weiters sei angesichts des geringen Beitrags Europas (7%) an den globalen CO2-Emissionen ein „Klima-Klub“ mit Amerika notwendig. Nur so sei es möglich, globale Umweltverschmutzer, wie beispielsweise China, dazu zu bringen, ihre Emissionen zu reduzieren. Um in unsere Märkte importieren zu können, solle man China zahlen lassen. Am internationalen Markt müssen sich europäische Industrien im Bereich clean energy behaupten, dafür solle man Subventionen einsetzen. Ein neues Narrativ des Klimarealismus sei notwendig, der Zugang der europäischen Grünen sei nicht mehrheitsfähig, das hätte auch die Europawahl gezeigt.
Diverse Workshops: von Lebensmittel-Versorgungssicherheit bis E-Autos
In zwei Runden an Workshops wurden weitere Themen wie beispielsweise die Energiewende, Mobilität, Lebensmittel-Versorgungssicherheit, Abfall- und Recyclingwirtschaft und die gesellschaftlichen Auswirkungen der Klima-Diskussion behandelt.
Zur Lebensmittel-Versorgungssicherheit sagte Ferdinand Lembacher, Generalsekretär der Landwirtschaftskammer, dass trotz der beobachtbaren Tendenzen zu trockenerem und wärmerem Wetter aufgrund des menschengemachten Klimawandels, kurz- und mittelfristig noch keine Bedrohung zur Lebensmittel-Versorgungssicherheit bestehe. Die in Zahlen gestiegenen Unwetterereignisse belasten jedoch vermehrt die Versicherungen. Zur Schonung der Umwelt solle vor allem auf Regionalität gesetzt werden.
Dass die Natur nicht nur betroffen ist vom Klimawandel, sondern auch zu biobasierten Innovationen beitragen kann, zeigte Martin Hosner vom Ökosozialen Forum. Bioökonomie sei ein zukunftsweisendes Wirtschaftskonzept, welches fossile Rohstoffe durch nachwachsende biologische Ressourcen ersetzen soll. Verpackungen aus Algen bieten beispielsweise eine biologisch abbaubare Verpackungslösung an. Flugzeugtreibstoff aus Pflanzen führe zu Fortschritten im Bereich der erneuerbaren Energien.
Zu erneuerbaren Energien generell referierte der ehemalige Elektrotechnik-Professor Georg Brasseur. Dabei schilderte er zunächst die Tatsache, dass Europa nicht energieautonom sei und auch in Zukunft nicht energieautonom sein wird. Europa brauche Energie aus Drittstaaten für circa 20% Strom, 50% Wärme und 30% Verkehr. Europa könne die benötigte Energie nicht in Form von Strom einführen, da es keine interkontinentalen Hochspannungsleitungen gäbe. Als Lösungsansatz präsentierte Brasseur die Einführung von eFuels, synthetische gasförmige oder flüssige grüne Kraftstoffe.
Außerdem wäre eine Möglichkeit, um generell den CO2-Ausstoß zu reduzieren, dass grüne Kraftwerke außerhalb Europas errichtet werden. Es gäbe optimale Regionen außerhalb Europas, die zwei bis drei Mal mehr Wind- und Solarernte böten. Da durch das steigende Wachstum in Schwellenländern insgesamt auch hohe CO2-Emissionen entstünden, wäre das eine sinnvolle Maßnahme, die zusätzlich auch zur Armutsbekämpfung in den entsprechenden Regionen beitragen würde.
Die Herausforderungen im Netzausbau führte Michael Weixelbraun von der Austrian Power Grid AG weiter aus. Die Regelung der erneuerbaren Energien im Stromnetz sei dabei eine wesentliche Herausforderung. Bereits jetzt müssen Wasser- und Windkraftwerke heruntergefahren werden, um das Netz zu stabilisieren. Diese Problematik wird sich weiter verschärfen, wenn weitere Photovoltaikanlagen hinzukommen. Das Stromnetz sei nicht in der Lage, Spitzenströme effektiv abzufangen und abzutransportieren, was zu erheblichen Belastungen und möglichen Ausfällen führe. Ein weiteres Problem sei die geografische Disparität innerhalb Österreichs: Im Osten des Landes dominieren Wind- und Photovoltaikanlagen, während im Westen vorwiegend Speicherkraftwerke vorhanden sind. Diese Ungleichverteilung erfordere eine verbesserte Netzstruktur, um die Energie effizient von den Erzeugungs- zu den Verbrauchszentren zu transportieren. Der Ausbau des Stromnetzes sei also entscheidend, um eine nachhaltige Energieversorgung in Österreich sicherzustellen.
Der Aufbau des Stromnetzes sei auch für die Debatte rund um die Reduktion von CO2-Emissionen im Verkehr relevant, zumal der Ladestrom für Elektrofahrzeuge nicht zu 100% grün ist. Der fehlende grüne Strom müsse von fossilen Kraftwerken aufgebracht werden. So werde die Energiewende verzögert, weil mehr Stromverbraucher ans Netz kommen, als grüne Kraftwerke gebaut werden. Es sei von der Politik zu hinterfragen, ob es nicht unverantwortlich sei, eine Mobilitätsform durch öffentliche Mittel zu fördern, die im Vollausbau nicht funktioniere. Entscheidend sollte nicht sein, welche Technologie man verwendet, sondern ob CO2-Emissionslimits erfüllt werden, so der ehemalige Elektrotechnik-Professor Georg Brasseur in einem weiteren Workshop zum Thema „E-Autos und Verbrenner“.
Dass CO2-Ausstoß nicht nur vermieden werden kann, sondern CO2 aktiv aus der Atmosphäre entfernt werden kann, erklärte Professor Holger Ott, Leiter des Geoenergy-Departments der Montanuniversität Leoben. In Österreich gäbe es aufgrund von bestimmten geologischen Formationen potenzielle Lagerstätten für die sichere Speicherung von CO2. Ott betonte, dass Bioenergie gemeinsam mit Carbon Capture and Storage die derzeit einzig sinnvolle Technologie sei, die es ermöglicht, netto-negative Emissionen zu erreichen.
Weitere praxisorientierte Maßnahmen für mehr Klimaschutz wurden von Veronika Wüster, Geschäftsführerin des Verbands Österreichischer Entsorgungsbetriebe (VOEB) genannt. Die Kreislaufwirtschaft ziele darauf ab, Abfall zu minimieren, indem man Materialien und Produkte so lange wie möglich im Wirtschaftskreislauf hält. Eine aktuelle Herausforderung stellen Batterien dar. Ein Pfandsystem für Batterien sei ein Lösungsansatz um Batterien öfter zu recyceln, allerdings brauche es auch entsprechende Infrastrukturen, wie etwa gut zugängliche Abgabestellen für Batterien und Akkus. In der Workshoprunde wurde diskutiert, ob die Konsumentinnen und Konsumenten oder die Hersteller die Verantwortung für das Recycling von Batterien und Akkus tragen sollten. Besonders bei größeren Batterien wurde die Verantwortung der Hersteller betont, doch auch die Konsumenten sollten nicht völlig aus der Pflicht genommen werden.
Schließlich ging es in der Workshop-Runde gemeinsam mit Philosoph Jörg Phil Friedrich um die gesellschaftlichen Spannungen „Zwischen Klimakleber und Klimaleugner“. Friedrich betonte, dass der Klimaschutz nicht auf Kosten des sozialen Friedens geschehen dürfe. Diskussion gab es über die Frage, inwiefern Angst als Methode in der Debatte verwendet werden dürfe. Manche teilten die Meinung, dass Angstmache eine unlautere Methode sei und dazu führe, dass Menschen entmutigt und desinteressiert werden würden. Andere entgegneten, dass ausschließlich durch das Zeichnen des schlimmsten Szenarios den Menschen die schweren Folgen des Klimawandels bewusst werden. Einigkeit herrschte bei der Aussage, dass es nie zu spät sei, über den Klimawandel aufzuklären. Menschen, die dem Thema und somit wissenschaftlichen Fakten kritisch gegenüberständen, würden durch Angriffe nur weiter vom Thema weggedrängt werden.
Das Symposium „Klimaschutz aus bürgerlicher Perspektive“ beleuchtete verschiedene Ansätze für die weitere Positionierung der Volkspartei zum Thema Klimaschutz. Es wurde ein weiter Bogen gespannt mit Stimmen aus dem christlich-sozialen und aus dem wirtschaftsliberalen Bereich. Außerdem wurden in den Workshops diverse praktische Ansätze darüber präsentiert, wie man Klimaschutz besser erreichen könnte. Im Vordergrund des Symposiums stand der bürgerliche Zugang der Mitte, der viel Raum für Diskussion zulässt. Ein Zugang, mit dem man mit ausgewogenen Maßnahmen die Gesellschaft auch mitnehmen und zu motiviertem Handeln aufrufen kann.
Hier die Folien der Präsentationen, die zur Verfügung gestellt wurden:
- Patrick Dümmler (em. avenir suisse) Wie kann der Markt zu Klimaneutralität führen?
- Georg Brasseur (em. Elektrotechnik-Professor, TU Graz) Energiewende erneuerbare Energien
- Georg Brasseur (em. Elektrotechnik-Professor, TU Graz) E-Autos und Verbrenner
- Michael Weixelbraun (Austrian Power Grid): Herausforderungen Netzausbau
- Martin Hosner (Ökosoziales Forum): Biobasierte Innovationen