Net@work 2021: „Green & digital sind Prioritäten der EU, keine der Region“

Um die Migrationsströme zu bewältigen und den Klimawandel zu bekämpfen, arbeitet die Europäische Union bereits seit Jahrzehnten mit den südlichen Nachbarschaftsstaaten zusammen. Beim Net@Work 2021 des des Wilfried Martens Centre for European Studies widmete sich die Politische Akademie gemeinsam mit der Konrad-Adenauer-Stiftung der erneuerten Partnerschaft der EU mit diesen Ländern.

Algerien, Ägypten, Israel, Jordanien, Libanon, Libyen, Marokko, Palästina, Syrien und Tunesien bilden die südlichen Nachbarschaftsstaaten der Europäischen Union und sind durch diese geografische Nähe gleich mehrfach von Bedeutung für Europa.

Vor 25 Jahren wurde mit der Erklärung von Barcelona ein neues Kapitel für die Europäische Union und die südlichen Mittelmeerpartner aufgeschlagen. Die Erklärung zielte darauf ab, die Zusammenarbeit und den Austausch zu fördern, um Stabilität und Wohlstand in der Region zu gewährleisten. Große Hoffnungen wurden in diese Partnerschaft gesetzt. Der zehnte Jahrestag des Arabischen Frühlings hat jedoch deutlich gemacht, dass die Entwicklungen in der Region turbulent und unbeständig bleiben. Heute, wo die Länder rund um das Mittelmeer stark von der Pandemie betroffen sind und mit langfristigen sozioökonomischen Folgen rechnen müssen, hat die EU einen neuen Plan zur Erneuerung der Zusammenarbeit mit den südlichen Partnern vorgelegt.

Auf dem Panel der Politischen Akademie und der Konrad-Adenauer-Stiftung beim diesjährigen Net@work wurde deshalb am 20. April 2021 die erneuerte Partnerschaft der EU mit den südlichen Nachbarschaftsstaaten diskutiert. Auf dem virtuellen Podium nahmen dazu Nico Marchetti, Nationalratsabgeordneter und Obmann der bilateralen parlamentarischen Freundesgruppe Österreich-Nordafrika, und Serge Stroobants, Director Europe and the MENA Region am Institute for Economics and Peace, Platz. Sie widmeten sich unter der Moderation von Ajla Hotic, Political Adviser on MENA affairs in der European People’s Party, den aktuellen Herausforderungen der Region und den Chancen, die der neue Plan bringen kann.

Auch wenn beide Panelisten die neue Agenda der Europäischen Kommission grundsätzlich begrüßen und etwa die Ambitionen im Sicherheitsbereich lobten, gab es doch die ein oder andere Kritik. So hielt etwa Marchetti fest, dass es zwar erfreulich sie, dass die Bekämpfung des Klimawandels und die Digitalisierung Teil dieser Agenda sind, diese Probleme aber keine Priorität für die Region haben. Für die Menschen vor Ort sind Armut und Gewalt die großen Themen. Als größte Herausforderung für die südlichen Nachbarschaftsstaaten nannte er die Perspektivenlosigkeit der Jugend. Von 240 Millionen unter 30-Jährigen sind etwa 80 bis 90 Millionen arbeitslos. Wenig überraschte es demnach, dass 50 bis 70 Prozent der unter 30-Jährigen emigrieren wollen. Marchetti wies darauf hin, dass alle Bemühungen scheitern werden, wenn nicht der Fokus darauf gelegt wird, den Menschen eine persönliche Perspektive für ihr Leben in der Region zu geben.

Auch Stroobants ist der Meinung, dass zuerst die Probleme der Region adressiert werden müssen, bevor globale Themen, wie der Klimawandel oder die Digitalisierung angegangen werden können. Er verweist darauf, dass die MENA-Region die am wenigsten friedliche Region der Welt und politisch sowie wirtschaftlich instabil ist. Dementsprechend brauche es lokale Lösungen für die Staaten anstatt einer Musterlösung, die über alle Länder gestülpt werde.

Das jährlich stattfindende Net@Work des Wilfried Martens Centre for European Studies wurde wieder in Kooperation mit der Hanns-Seidel-Stiftung, der Konrad-Adenauer-Stiftung und der Politischen Akademie organisiert. Insgesamt gab es acht Panels bei dem viertägigen Online-Event, die von den Mitgliederstiftungen und –akademien des Martens Centres gestaltet wurden. Das Net@Work fand zwischen 19. und 22. April statt.

https://www.youtube.com/watch?time_continue=1&v=cvX2LwA3XbE&feature=emb_logo
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