Gastkommentar: Arbeit und Menschenwürde

April 2019, SENATE Wirtschaftsmagazin

Wenn meine heute zweieinhalbjährige Tochter Emma erwachsen ist, sind die Chancen hoch, dass sie einen Job ausüben wird, den es heute noch gar nicht gibt. Den wir uns – allen Zukunftsforschungsbemühungen zum Trotz – heute vielleicht noch gar nicht vorstellen können. Wer hätte denn vor nur 20 Jahren Berufsbilder vorhergesagt wie Social-Media-Manager, App-Entwickler oder gar Youtube-Star oder Instagram-Influencer?

Ein Kommentar von Bettina Rausch

Ja, Arbeit verändert sich. Das hat sie immer, aber die Veränderung geht immer schneller.

Die neue Volkspartei begegnet diesen Veränderungen mit einer optimistischen Zukunftsorientierung, ohne auf die Herausforderungen zu vergessen und Gefahr zu laufen, die Menschen zu überfordern. Dieser Zugang ist eine logische Folge der drei Wurzeln unserer politischen Überzeugungen – der liberalen, der konservativen und der christlich-sozialen Wurzel. Im klugen Austarieren dieser drei Wurzeln findet sich die Ausgewogenheit, die es braucht, um der Zukunft erfolgreich zu begegnen.

Wenn wir Veränderungen in der Arbeitswelt historisch betrachten, sehen wir zwei Dinge ganz klar: Einerseits waren die Übergänge immer von Unsicherheiten, Ängsten und auch tatsächlichen Problemen geprägt, anderseits waren die Entwicklungen längerfristig immer zum Positiven für die Menschen. Wer wünschte sich schon die harte Fronarbeit des Mittelalters zurück, wer die körperlichen Anstrengungen ohne der Unterstützung durch Maschinen, wer die unwürdigen Arbeitsbedingungen am Fließband, wer die mechanische Schreibmaschine statt dem Computer?

Was wir daraus lernen können und wo Politik sinnvoll unterstützen kann, ist die Begleitung des Veränderungsprozesses. Die Digitalisierung ist Realität und ich sehe sie auch größtenteils positiv. Die Chancen der Digitalisierung zu nutzen, ist daher einer der Schwerpunkte der neuen Bundesregierung von Sebastian Kurz. Bildung ist dafür zentral. Einerseits die Auseinandersetzung mit allen Aspekten der Digitalisierung und andererseits auch ein neuer Zugang, nicht nur Qualifikationen zu erwerben sondern vor allem zu lernen, im weiteren Leben laufend neue Qualifikationen zu erwerben. Dies ist eine notwendige Konsequenz der beschleunigten Veränderungen.

Ich will das Thema aber auch noch grundsätzlicher betrachten: Die oben beschriebenen historischen Veränderungen haben Arbeit letztendlich immer weniger körperlich anstrengend, weniger gesundheitsgefährdend und weniger eintönig gemacht. Anders gesagt: Arbeit ist immer menschenwürdiger geworden.

Die “Würde des Menschen” ist ein zentraler Gedanke des christlich-sozialen Weltbildes, der theologisch betrachtet seinen Ursprung in der Gottebenbildlichkeit des Menschen hat, säkular in der antiken Philosophie und der europäischen Aufklärung und rechtlich manifestiert in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

Die Mehrzahl der Interpretinnen und Interpreten der christlichen Soziallehre sieht in der Arbeit ein zentrales Element für ein Leben in Würde. Theologen sehen Arbeit auch als göttlichen Auftrag, ausgehend von der Aufforderung “Macht euch die Erde untertan” (Gen 1,27). Der Benediktinerpater Anselm Grün formuliert es im Sinne der Regula Benedicti so: “Die Arbeit ist der Ort, an dem wir Haltungen wie Demut, Hingabe, Liebe, Barmherzigkeit und Mitfühlen mit den Menschen lernen.”

Profan dokumentiert die berühmte Studie über die Arbeitslosen in Marienthal aus den 30er-Jahren des vorigen Jahrhunderts die Auswirkungen langer Arbeitslosigkeit und kommt zum eindeutigen Schluss: Ein Leben ohne Arbeit führt zu passiver Resignation.

Jedenfalls ist Arbeit mehr als nur ein Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes. Arbeit ist ein sinnstiftender Teil des Lebens, eine Quelle für Bestätigung und Anerkennung und ein Beitrag zur Entwicklung von Menschheit und Gesellschaft.

Arbeit gehört im christlich-sozialen Sinn also zum Mensch-Sein. Und im Sinne der Menschenwürde ist alles zu begrüßen, was uns in der Arbeit mehr Mensch-Sein ermöglicht. Die Digitalisierung bringt uns dabei weiter, befreit uns immer weiter von anstrengenden, gesundheitsgefährdenden und eintönigen Tätigkeiten und ermöglicht es uns so, unser Mensch-Sein – von Kreativität bis zu menschlicher Zuwendung – auch im Beruf immer mehr auszuleben.

Mit dieser positiven Zukunftsorientierung begegnen wir als neue Volkspartei den Herausforderungen der neuen Arbeitswelten und kümmern uns in unserer politischen Arbeit darum, die Menschen in diesen Veränderungen zu begleiten und sie dazu zu befähigen, die neuen Chancen zu nutzen.

Facebook
Twitter
Telegram
WhatsApp
Email

Weitere Themen