„Im Endeffekt wird der Verfassungsgerichtshof entscheiden“

Rechtswissenschaftler Andreas Janko wurde vom Gesundheitsminister in das Gremium zur rechtlichen Evaluierung der Coronavirus-Situation berufen. Er analysierte beim Corona-Gespräch der Politischen Akademie die Maßnahmen zur Eindämmung der Coronakrise und lieferte seine eigenen Einschätzungen und Bewertungen.

Den Maßnahmen der Regierung gegen die Ausbreitung des Coronavirus in Österreich liegen zwei Gesetze zugrunde. Einerseits das für Janko „altehrwürdige“ Epidemiegesetz und andererseits das neue Covid-19-Maßnahmengesetz, das mit 31.12.2020 wieder außer Kraft tritt. Für den Juristen war der Schritt, dieses Gesetz einzuführen äußerst notwendig. Man habe gesehen, dass die im Epidemiegesetz verankerten Maßnahmen nicht reichen würden und dass der Gesundheitsminister mehr Kompetenzen für eine effektive Eindämmung des Virus brauche. Im Covid-19-Maßnahmengesetz stehen nicht direkt alle gesetzten Maßnahmen niedergeschrieben, sondern Ermächtigungen für später verabschiedete Verordnungen, die der Gesundheitsminister erlassen kann. Dies biete auch den berechtigten Raum für Kritik: Da Gesetze direkt von der Legislative kommen, würden sie über eine höhere Legitimation verfügen als Verordnungen, die von der Exekutive erlassen werden. Dennoch sei das Vorgehen der Regierung verständlich, da es darum gehe, flexibel und mit dem neuesten Stand des Wissens jederzeit Verordnungen erlassen zu können. Im Unterschied zu anderen Rechtsvorschriften verfügen jene zur Eindämmung der Coronakrise über eine umgekehrte Regelungstechnik. Dies sei unüblich, normalerweise würde man durch individuelle Verbote gewisse Handlungen verbieten. Hier verbat man zum Beispiel allgemein das Betreten öffentlicher Plätze und schuf anschließend Ausnahmen. Für einen generellen Lockdown die richtige Wahl, nun aber sei es die schwierige Aufgabe der Regierung, bei den Lockerungen individuell und nach dem Gleichheitsgrundsatz vorzugehen.

Wirft man den Blick auf die Rechtmäßigkeit der Härte der Maßnahmen, gilt es einen wesentlichen Begriff anzuwenden: Verhältnismäßigkeit. Für Janko spielen hier mehrere Faktoren zusammen. Erstens habe man im März über geringe Informationen über den Virus verfügt, man habe noch wenig Kenntnis von Risikogruppen gehabt und musste befürchten, dass das Gesundheitssystem überlastet werde. Der Gesetzgeber habe das Recht, in Grundrechte einzugreifen, wenn dieser Eingriff der Erzielung eines öffentlichen Interesses diene. Je größer die Einschnitte, desto gewichtiger muss dieses angepeilte Ziel sein. Ob die Verhältnismäßigkeit hier wirklich gegeben ist, hält Janko für sehr wahrscheinlich aber im Endeffekt seien es die Verfassungsrichter und deren Auslegung der Situation, die darüber entscheiden würden.

Neben der Analyse praxisnaher juristischer Fälle blickte der Rechtswissenschaftler am Ende des Gesprächs in die Zukunft mit Lob und einer Mahnung an die Regierung und die Gesellschaft. Man habe sehr schnell und strikt gehandelt und die Gesellschaft habe sich ausgezeichnet daran gehalten. Sollte tatsächlich eine zweite Welle kommen, müsse man sich sehr gut überlegen, welche Maßnahmen zum aktuellsten Stand des Wissens nötig sein werden und wie gut sie von der Bevölkerung befolgt werden können.

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