„Gemeinschaft funktioniert nur mit Subsidiarität und Solidarität“

Nachbericht zum Panel “Staying Subsidiary, Getting Stronger.” beim Net@Work 2020

Die globalen Krisen, mit denen die Welt in den letzten Jahren konfrontiert war, haben immer wieder Rufe nach europäischen Lösungen laut werden lassen. Oft war es jedoch schwierig, sich in der EU auf diese zu einigen und es kam doch wieder zu nationalen Maßnahmen. Beim diesjährigen Net@Work diskutierten am Panel der Politischen Akademie und der Konrad-Adenauer-Stiftung der ehemalige Europaabgeordnete Elmar Brok, der Historiker und frühere Salzburger Landeshauptmann Franz Schausberger und die Brüssel-Korrespondentin des Kurier Ingrid Steiner-Gashi unter der Moderation von Tomi Huhtanen, dem Executive Director des Wilfried Martens Centre, zum Thema Subsidiarität.

Zum Einstieg der Diskussion erinnerte Director Huhtanen daran, dass Subsidiarität ein regelmäßig diskutiertes Thema in der Europäischen Union ist und bereits 2017 vom damaligen Kommissionpräsidenten Junker eine eigene Taskforce damit befasst wurde. Österreich griff das Thema 2018 als eine der wichtigsten Prioritäten seiner EU-Ratspräsidentschaft auf.

Elmar Brok führte in seinem Eingangsstatement die Herkunft von Subsidiarität und ihre Bedeutung aus. Denn der Wert Subsidiarität entstamme der katholischen Soziallehre und legt grundsätzlich fest, dass jeder für sich selbst und seine eigene Familie verantwortlich ist. Verantwortung hebt man nur auf eine höhere Ebene, wenn eine niedrigere dieser nicht nachkommen kann. Er kritisiert, dass in der Europäischen Volkspartei entgegen der katholischen Soziallehre immer nur Subsidiarität ohne seine Verbindung zur Solidarität diskutiert wird. Für ihn sind diese beiden Grundprinzipen untrennbar verbunden. Als Beispiel führte er die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise an: Reiche Länder, wie Österreich oder Deutschland, könnten die Krise auch ohne Hilfe bewältigen, ihre Wirtschaft würde aber trotzdem von den Nachbarländern abhängen. Dementsprechend funktioniert für ihn Gemeinschaft nur mit Subsidiarität und Solidarität.

Steiner-Gashi sah bei der Subsidiarität ein grundsätzlicheres Problem, denn kaum jemand wisse, was Subsidiarität in der Umsetzung eigentlich bedeute. Sie führte die Corona-Krise mit der anfänglichen Abgrenzung der Nationalstaaten voneinander und der darauffolgenden Initiative der Europäischen Kommission, Entscheidungskompetenzen an sich zu ziehen, als Beispiel an und folgert daraus, dass die Politik im Versuch Subsidiarität umzusetzen, in einem Lernprozess sei. Da es keine eindeutigen Regelungen für Subsidiarität vorhanden seien, wäre die Politik auf das Prinzip von „Trial and Error“ angewiesen. Brok sah diese Problematik ähnlich und meinte, dass hier immer nur von Fall zu Fall entschieden werden könne.

Franz Schausberger bedauerte, dass die Diskussion über Subsidiarität auf Europäischer Ebene eingeschlafen sei und nicht zu den wichtigsten Themen der EU gehöre. Er hielt aber auch fest, dass Subsidiarität nicht nur zwischen der EU und Mitgliedsstaaten, sondern auch zwischen der nationalen Ebene und den Regionen diskutiert werden müsse. Er sah hier vor allem ein Problem der Verständigung zwischen den Staaten. Denn jene, die ausgeprägte Föderale Systeme hätten, und jenen, die zentralistischer organisiert wären, würden nicht verstehen, was die anderen mit Subsidiarität überhaupt meinten. Er hielt ebenso wie Steiner-Gashi fest, dass die Regionen keinen guten Job in der Corona-Krise gemacht hätten, da sie egoistisch und nicht solidarisch agierten.

Das Net@Work ist eine Veranstaltung des Wilfried Martens Centre for European Studies in Kooperation mit der Hanns-Seidel-Stiftung, der Konrad-Adenauer-Stiftung und der Politischen Akademie.

Dieses Online-Panel fand am 25.November von 14 bis 15 Uhr statt. Die ganze Diskussion können Sie hier per Video nachsehen:

   
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